Wussten Sie, dass in der Sowjetunion (von der ich kein Fan war oder bin, nur um das grad geklärt zu haben) Fastenkliniken betrieben wurden, die sehr erfolgreich waren bei der Heilung oder Linderung von Zivilisationskrankheiten, bis hin zur Krebstherapie? Glauben Sie es mir nicht, lesen Sie es nach. Eine Fasten-Klinik in Norddeutschland kämpft seit Jahren darum, Gelder zu erhalten, um ihre beeindruckenden Resultate mit Studien so belegen zu können, dass sie in den Fachmagazinen diskutiert und in die Gesundheitspolitik einfliessen können. Das Geld kommt nicht. Der Erfolg bleibt unsichtbar. Dafür werden Abnehmspritzen importiert – ein interessanteres Geschäftsfeld…

Warum schreibe ich das? Selbst faste ich kaum, obwohl es mir sicher guttun würde. Aber ich finde bemerkenswert, dass es in einem kommunistischen Land, in dem (in der Theorie, ich weiss) Kosten und Gewinne von der Allgemeinheit geteilt würden, auch medizinische Forschung gemacht wurde zu einer Methode, die weder Gewinne bringt (ausser Gesundheit) noch hohe Kosten hat (weil auf Verzicht basierend).  

Bei uns im Frutigtal stellt sich die Frage, was Rentabilität im Gesundheitswesen heissen soll, auch gerade recht brennend. Sie wissen natürlich, wovon ich schreibe. Die Schliessung der Geburtenabteilung im Spital Frutigen hat eine Demo ausgelöst, und ich persönlich erinnere mich an keine andere Demo in Frutigen. Ich erinnere mich hingegen an eine Demo vor vielen Jahren in Bern auf dem Bundesplatz. Polo Hofer selig war auch da und sagte damals, am Anfang der grossen Privatisierungswellen, ein paar Worte zu Sparmassnahmen und Umstrukturierungen im Gesundheits- und Bildungsbereich, die ich ungefähr wiedergebe: Gute Gesundheitsdienstleistungen und gute Bildung, das soll nicht rentieren müssen, das muss es einfach geben.

Natürlich ist es einfach, so etwas bei einer Demo ins Mikrofon zu sagen. Unser Gesundheitssystem hat ein Kostenproblem, die demographische Entwicklung kann man nicht einfach ignorieren. Aber man kann diese Herausforderungen auf verschiedene Arten nicht ignorieren. Man kann eine kalte Rechnung machen und dort einen Strich ziehen, wo die roten Zahlen anfangen. Pech für jene, deren Gesundheitsbedürfnisse nicht rentabel sichergestellt werden können.

Oder man kann sich fragen, warum genau dort die roten Zahlen dort anfangen. Wenn eine Dienstleistung nicht rentabel angeboten werden kann, liegt das ja nicht einfach an der mangelnden Nachfrage. Als vor ein paar Jahren in der Stadt Bern psychiatrische Krisen-Interventionszentren geschlossen wurden, weil sie nicht rentierten, lag es keinenfalls an der Nachfrage. Es gibt ein riesiges und für uns Bürgerinnen und Bürger oftmals etwas undurchsichtiges System, in dem die Preise für gesundheitliche Dienstleistungen festgelegt werden, und die Frage wie «rentabel» etwas sein kann, wird schlussendlich dort beantwortet: An den Sitzungstischen der Politik, der Pharma- und Krankenkassenunternehmen.

Das Problem, das sich nun auch in Frutigen und im Gesundheitswesen allgemein zeigt, ist viel grösser, als dass die fmi-Spitalgruppe es alleine lösen könnte. Es ist systemisch, und damit hochpolitisch. Womit soll im Gesundheitsbereich wieviel Gewinn gemacht werden dürfen? Muss Rentabilität zwingend vor allem finanziell gedacht werden? Wer definiert die «Preise»? Wie wird der Teil des «Preises» berechnet, der nicht finanziell ist, sondern menschlich? Wer bezahlt den? (Wenn das nicht primär die Fachkräfte wären, gäbe es dann den Fachkräftemangel?)

Wer profitiert von den Rentabilitäts-Definitionen und wer nicht? Zumindest die Antwort auf die letzte Frage müsste klar sein, gerade in einem demokratisch geführten Land, das sich «Genossenschaft» nennt: Alle. Alle profitieren davon, wenn es gut läuft, und alle tragen mit, soweit es nötig ist. Dafür muss kein Kommunismus eingeführt werden. Eine Demokratie, in der tatsächlich alle Menschen die gleichen Rechte und Pflichten haben, in der tatsächlich alle vom Profit profitieren und sich tatsächlich alle nach ihren realen Möglichkeiten an den Kosten beteiligen, wäre gut geeignet. Und ich behaupte jetzt einfach mal: Wenn das die Realität wäre, würden sich viele Fragen nicht stellen, die den Gesundheitsbereich – auch in Frutigen- aktuell belasten.