Die letzte Reise, die ich gezielt für das Heldelieder-Projekt gemacht habe, führte mich nach Nordafrika. Im Herbst 2012 war die Berichterstattung aus der Region geprägt von den Angriffen auf die amerikanische Botschaft in Lybien und von den Unruhen in den Ländern des „arabischen Frühlings“, gerade auch in Tunis. Von der Schweiz aus gesehen waren zwei Themen im Zusammenhang mit Tunesien prägend: Einerseits die Welle von Flüchtlingen aus der Region, weil sich die Hoffnungslosigkeit dieser „Flucht“ nur langsam als Nachricht in Nordafrika verbreitete. Wie viele andere Länder auch, nimmt die Schweiz keine Wirtschaftsflüchtlinge auf. Andererseits weil in den ersten Wahlen eine religiös geprägte Regierung an die Macht gekommen war. Wie vielerorts in den Staaten des arabischen Frühlings, musste sich auch Tunesien mit der Frage konfrontieren, wessen Revolution es gewesen sei. Nach dem Sturz des Ben Ali-Regimes hatte es sich bald mit den Gemeinsamkeiten der Revolutionäre. Die lange unterdrückten praktizierenden Moslems wollten endlich ihre Religion leben können, und die radikalen Salafisten drängten (und drängen) gar auf einen islamischen Staat. Gleichzeitig freute sich die andere Seite, liberale, europäisch geprägte TunesierInnen, auf eine tatsächlich freiere Gesellschaft: Überall wurden Vereine gegründet, man wollte jetzt auch kontroverse Meinungen vertreten dürfen. Die „Befreiten“ standen sich als neue Fronten gegenüber.
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