Beim den Musikschaffenden Schweiz, wo ich meine «Lohnarbeit» mache, sind wir alarmiert: Die Diskussion zur NoBillag Initiative läuft schon voll an, und scheinbar wird die Tragweite vielerorts noch nicht verstanden. Man hört Ja-Stimmen, die vor allem Anti-SRG-Stimmen sind und die argumentieren mal mit dem seichten, mal dem abgehobenen Programm, damit dass man gar kein SRF höre, dass der Gebührenbetrag zu hoch sei usw. All das ist diskutierbar, aber um all das geht es nicht.

Wenn man Ja sagt zu NoBillag, dann verbietet man dem Staat, in Friedenszeiten TV- und Radiostationen zu betreiben und mitzufinanzieren. Punkt. Damit wird nicht das Programm besser. Der Patient wird nicht geheilt, er wird erschossen. Und nicht nur der «Patient» SRG würde verschwinden. Auch viele Regionalsender mit Gebührenanteilen wären weg: Adrian Durtschi von Radio BeO sagt, dass BeO wohl schliessen würde, dass es zumindest nicht mehr erkennbar wäre als der Sender, der heute geschätzt wird. Gerade Programmteile, die die Vielfalt ausmachen und speziell für die kleine Senderegion produziert werden, rentieren oft nicht: Musik-Spezialsendungen und einigermassen recherchierte Regionalnachrichten sind mit Werbeeinnahmen nicht finanzierbar. Übrig bleiben Massen-Sender à la Energy, die dieselben paar Songs rauf und runter spielen und allenfalls für Stadtregionen regionale News verlesen. Das wäre nicht nur für die Musikszene Schweiz eine Katastrophe.

Das Hauptargument der Initianten, man wolle nur bezahle, was man nutze, ist ihr grösstes Täuschmanöver. Erstens würden wir bedeutend mehr als 365 CHF im Jahr ausgeben, wenn wir alle Sport- und Kultursendungen, alle Filme und Serien auf Bezahlsendern konsumieren möchten – ausser natürlich, dass es vieles schlicht nicht mehr geben würde, weil SRF es mitfinanziert: Vom Dokfilm am Donnerstag zum Schweizer Spielfilm am Sonntagabend, vom Tennisturnier bis zu den Swiss Music Awards. Zweitens kann man den Nutzen der gebührenfinanzierten Sender für die Schweiz nicht darauf reduzieren, was Einzelne konsumieren. Regionalsender wie BeO bringen den Service Public auch in die Alpentäler. Für die Romandie, das Tessin und die romanische Schweiz wird ein ernstzunehmendes Angebot quersubventioniert. All das würden sich rein-kommerzielle Stationen nicht leisten. Oder das: Die SRG muss vor dem Parlament Verantwortung übernehmen für eine ausgewogene Berichterstattung. Privatsender können von Polit-Millionären Propagandakanäle vereinnahmt werden wie in den USA.

Wenn man die Denkweise der NoBillag-Initiative auf andere Bereiche überträgt, sieht man wie egoistisch sie ist: Das Strassen- und Schienennetz würde in den Regionen verkümmern, und auch die Nationalnetze würde niemand mehr mitbezahlen, der nicht Auto oder Zug fährt, obwohl alle vom funktionierenden Gütertransport profitieren. In Hochpreisspitälern würden nur noch jene behandelt, die es sich leisten könnten – aber hey, immerhin muss man dann nicht Krankenkasse zahlen, ohne das Angebot zu nutzen.

Es ist ein zutiefst unsolidarischer Geist hinter dieser Initiative und dieser Denkweise. Es ist die Denkweise jener, die es sich leisten können, auf sich allein gestellt zu sein.