Gleich vorbei, das Jahr.

Es war streng, für die Welt, in unserer kleinen Welt durften wir aber ein paar ganz schöne Sachen tun. Neben den vielen Konzerten (danke allen , die dabei waren!) war der Höhepunkt die Veröffentlichung des Maria Lauber Buches „Ischt net mys Tal emitts“ mit unseren Gedichtvertonungen dabei. Und wir freuen uns jetzt, mit diesem Programm auch nächstes Jahr noch viele Konzerte zu spielen.

 

Ansonsten war das Musikjahr bei mir geprägt von der Arbeit an einem neuen Mini-Album, das im Herbst erscheinen sollte. Es wird bitzeli anders klingen als auch schon, im Januar nehmen wir ein kleines Orchester auf –  aber dazu später mehr.

Vielleicht interessiert euch ja, welche Musik mein 2016 beschallt hat, ich habe hier eine Playlist zusammengestellt. Viel Vergnügen damit, und auf bald im 2017!

Trummer – 2016 – Die Alben des Jahres (neu erschienen, oder neu entdeckt…)
James Blake – The Colour In Anything
Bat For Lashes – The Bride
Mick Flannery – I Own You
Paul Simon – Stranger To Stranger
Radiohead – A Moon Shaped Pool
Bon Iver – 22, A Million
Lotte Kestner – Bluebird Of Happiness und alles andere von ihr
Billy Bragg & Joe Henry – Shine A Light
Schöftland – 13 neue Lieder
Conor Oberst – Ruminations
Nick Cave – The Skeleton Tree

James Blake – The Colour In Anything Wenn neue Künstler gehypt werden, bin ich immer skeptisch, setze sie auf die Watchlist, und steige ein, wenn dann auch die Rezensionen ihrer folgenden Alben auf spannende Entwicklung schliessen lassen. James Blake entdecke ich deshalb spät, aber umso heftiger. Weiträumige Klanglandschaften, in denen jeder Sound so selbstbewusst gesetzt ist, dass es kaum weitere braucht. Und nach ein paar Runden mit diesen Alben stellt man fest, dass da auch Songs drinstecken.

Bat For Lashes – The Bride Auch bei Natasha Khan habe ich mich erst spät eingeklinkt. Mit The Bride steht sie ganz für sich, auch wenn die Referenzpunkte für ihre Musik den Horizont markieren: Kate Bush, Björk, Jane Siberry, Beth Gibbons. The Bride ist aber vor allem ein Konzeptalbum über einen schweren Abschied, verpackt in ein Audio-Roadmovie über eine Braut, die schon am Traualtar zur Witwe wird und losfährt in ein Land der Trauer und der Bewältigung. Khan stellt ihr Songwriting ganz in den Dienst dieser Entwicklungsreise und scheut sich nicht, auch mal melodramatisch zu werden. Aber sie tut das schön und berührend und singt direkt ins Herz.

Mick Flannery – I Own You & By The Rule Die Neu-Entdeckung des Jahres. Der Ire ist so schüchtern, dass man ihn kaum vermarkten kann. Schade, denn seine Songs vereinen gute Musik mit Storytelling, das unter die Haut geht. Flannery gibt seine Stimme auf I Own You wütenden und zynischen Menschen, aber er stellt sie nicht einfach bloss sondern führt uns an jene menschlichen Windungen heran, die sowas erschreckend nachvollziehbar machen. By The Rule, der Vorgänger, ist persönlicher und intimer, und klingt wie ein warmes Kissen bei Morgensonne an einem melancholischen Morgen allein im zu grossen Bett.

Paul Simon – Stranger To Stranger Der frischeste Songwriter seiner Generation hat ein spätes Meisterwerk abgeliefert, das zu Recht im College Radio Platz gefunden hat. Mit seinem wie immer genialen Gitarrenspiel, Samples (Flamencotanz!), Elektronik und den seltsamen Instrumenten von Harry Partch inszenierte, freche und doppelbödige Songs. Wermutstropfen: Der grossartige Protestsong «Wristband» hätte Bernie Sanders ins Weisse Haus tragen sollen. Leider hat die wütende Strasse sich dann für die populistische destruktive Variante des Aufbruchs entschieden. Gespürt hat Simon trotzdem richtig.

Radiohead – A Moon Shaped Pool Das einzige grosse Album dieses Jahres, das ich auf CD und nicht LP habe. Ich habe nämlich nicht damit gerechnet, dass es derart grossartig sein würde. Meistens ist es ja ein Song, der die Tür öffnet. Hier ist es Present Tense. «This dance is like a weapon of self defense against the present tense. » Yorke hat (bei mir) den Grat zwischen Anspruch und Zugänglichkeit wieder gefunden, und endlich habe ich dann auch sein tolles Solo-Album «Eraser» und die vergraulten letzten RH Platten endlich mal richtig gehört und schätzen gelernt. Das Konzert am Open Air St.Gallen war das wohl beste Konzert einer grossen Band, das ich je gesehen habe.

Lotte Kestner – Bluebird Of Happiness und alles andere von ihr
You know when you have such a feeling You feel like you invented the whole thing Love, I invented love I think Now, my lips are chapped from thinking of your mouth aus «Invention» Minimalistischer Folk, aber eigentlich einfach gesungene Poesie. Die frühere Sängerin von Trespassers William braucht Ruhe und Zeit, aber sie gibt viel zurück.

Billy Bragg & Joe Henry – Shine A Light Die knarzigen Herren sind mit dem Zug quer durch Amerika gereist und haben unterwegs alte Railroad Songs aufgenommen. Ein toll gespieltes und gesungenes FolkAlbum, das die emotionalen Kerne dieser oft auch politischen Songs freilegt. Musik als Recherche, die zu Herzen geht.

Bon Iver – 22, A Million Über diesen finster-dekonstruierten Autotune-Noise-Gospel ist viel geschrieben worden. Ich liebe das Album. Es ist unerwartet und doch sofort als Bon Iver-Album erkennbar, mutig und kompromisslos, vielseitig und doch aus einem Guss, kurz und gut. Justin Vernon kann es und ich hoffe er wird es noch oft tun.

Schöftland – 13 neue Lieder Mein liebster Liedermacher auf Hauchdeutsch hat mit seiner zum Duo geschrumpften Band auch den Aufwand geschrumpft: Download only, sachlich betitelt. Aber, content matters sagt man, und der stimmt sehr: Originell live eingespielte Songs mit Beobachtungen zu einem Alltag der ohne gestelzte Bilder in die Poesie rutscht. Gibt’s hier: schoeftland.com

Conor Oberst – Ruminations Fast ein bisschen ein Unfall, aber nach einigen verwirrte wirkenden und überproduzierten Projekten nun wieder ein naturbelassenes Oberst-Album. Hier stehen seine Songs und die vielschichtigen, tollen Texte endlich wieder im Mittelpunkt.

José Gonzalez – Vestiges And Claws  Atmosphärisch und groovy, aber mit ganz akustischen Mitteln.

Björk – Diverse Live Alben Dass Björk von vielen ihrer Alben grossartige Live-Versionen veröffentlich hat, habe ich erst dieses Jahr entdeckt. Vespertine und das bedrückende Vulnicura-Live empfehle ich besonders.

Nick Cave – The Skeleton Tree & Live At KCRW Die neue Platte ist so traurig und gross wie alle geschrieben haben. Heavy Shit. Falls ihr das verpasst habt: Hört auch mal die Radio-Live Aufnahme von KCRW von 2013 rein. Da hat es unglaubliche Versionen von Mercy Seat, Push The Sky Away und People Ain’t No Good.

Sharon Van Etten – I Don’t Wanna Let You Down Stellvertretend hier ihre neuste EP. Seit ich SVE letztes Jahr entdeckt habe, geht es nicht mehr ohne sie.

Tyler Ramsey – I Had A Long Dream About Swimming Across The Sea Der Mann ist inzwischen Gitarrist bei Band Of Horses. Vorher hat ein paar sehr schöne Folk-Alben gemacht.

Mark Kozelek Sings Favorites Während Kozelek mit Sun Kil Moon ja in letzter Zeit der schlichten Schönheit eher ausgewichen ist, hat er offenbar nun doch Lust bekommen, einfach wieder mal seine wunderbare Stimme zu benutzen. Kein wichtiges Album, aber ein schönes.