Diesmal „es Gschichtli“.
Es fing damit an, dass eine Scheibe zerbrochen war bei der Kellertür hinter dem Schulhaus. Der Abwart konnte rekonstruieren, dass eine Gruppe Jungs dafür verantwortlich sein musste, die er am Abend zuvor hatte Fussball spielen sehen auf dem Schulhausplatz. Der Abwart kam zu mir und informierte mich, weil ich der Klassenlehrer war. Ich nahm ich mich der Sache sofort an und behielt die vier Jungs nach dem Unterricht bei mir. Stefan, den Sohn eines Jugendfreundes und Nachbarn von mir. Bruno, den Sohn des Gemeindeschreibers. Michael, der mit seiner Familie erst vor kurzem ins Dorf gezogen war. Jakob, der bei uns im Dorf aufgewachsen war, dessen Eltern aber erst kurz vor seiner Geburt hergezügelt waren.
Sie wussten nicht mehr, wer angefangen hatte, den Ball auch in Richtung des Schulhauses zu treten, alle hatten mitgemacht. Sie trafen mehrmals auch die Kellertür, dass die Scheibe zerbrochen war fiel ihnen aber erst auf, als sie schon nachhause wollten.
Ich beschloss, in dem Fall sollte sie alle dieselbe Schuld treffen, und ich verdonnerte sie zu zwei Nachmittagen Schulhausputz. Nachdem sie ihre Strafe absolviert hatten, rief ich sie wieder zu mir.
«Stefan und Bruno ihr könnt nachhause. Grüsst eure Eltern von mir“, sagte ich. Sie verabschiedeten sich und gingen. Michael und Jakob sassen gespannt auf ihren Stühlen vor mir und blickten mich an. Ich haute Michael eine runter, denn sein Blick war frech. «He, was soll das?», rief Jakob. Um ihn zum Schweigen zu bringen, klebte ich auch ihm eine. «Das dürfen Sie nicht», sagte Michael leise. «Das steht in der Schulhausordnung.» «Ich kenne die Schulhausordnung», sagte ich. «Mit euch darf ich das, ihr seid nicht von hier.» Jakob protestierte: «Das stimmt nicht, ich bin ja schon hier geboren.» «Aber deine Eltern nicht», antwortete ich. Sie schwiegen betreten. Schliesslich fuhr ich fort: «Ich muss euch sagen, dass wir euch hier an der Schule nicht mehr sehen wollen.» Sie stutzten. «Und wo sollen wir dann zur Schule?» «Dort wo ihr hergekommen seid.» Michael begann zu zittern und sagte: «Aber dort wurde ich in jeder Pause verprügelt und die Lehrer sperrten mich in den Keller. Deshalb sind wir ja weg gezogen.» «Das ist nicht mein Problem», sagte ich. Auch Jakob wehrte sich: «Ich bin ja gar nie woanders zur Schule gegangen, wo soll ich denn hin?» «Das ist auch nicht mein Problem», wiederholte ich. „Jetzt raus hier. Wenn ihr doch wieder auftaucht hole ich den Polizisten!»
Später rief mich Jakobs Vater an und erklärte, meine Strafe widerspreche der kantonalen Schulordnung. „In unserer Schulhausordnung steht aber, dass sie höher gilt als die kantonale“, antwortete ich und hängte auf.
Bei der nächsten Gemeindeversammlung wurde ich zum Gemeindepräsidenten gewählt. Das Volk liebt mich. Im Moment bin ich vor allem aktiv im nationalen Ja-Komitee zur Durchsetzungsinitiative. Ich möchte sie Ihnen sehr ans Herz legen. Gerechtigkeit kann nicht für alle gleich gelten, das ist ja wohl klar. Und falls Sie anderer Meinung sind, können Sie ja «Nein» stimmen.