Sie haben vielleicht auch keine Lust auf eine Kolumne über Corona. Ich hatte gerade keine. Ich bin vor dem leeren Dokument gehockt, ratlos und ein bisschen müde, und unsere kleine Tochter hat sich daneben gesetzt und gesagt: I wott o es Kontumänt mache! (So nennt sie ein Dokument.)
Ich habe gesagt: Weisch, i muess e Kolumne mache, aber i ma nid über Corona schrybe u i weiss grad gar nüt anders. Über was sölli schrybe?
Darauf wusste sie sofort eine Antwort: Über e Dinosaurier. U über mi.
Ich: Über di u e Dinosaurier. Okay. U was passiert när?
Sie: Nüt.
Ich: Nüt?
Sie: Ja. Dr Dinosaurier isst mi nid.
Gut, habe ich gedacht, und sie hat angefangen auf der Tastatur herumzutippen.
Ich: Was machsch?
Sie: I schrybe e Kowumme! Über e Dinosaurier!
Ich habe kurz in Betracht gezogen, ihren Text einzuschicken. Er begann so:
Hhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhooooooooooppppp  üüüüüüüü
Dann bin ich zum Schluss gekommen, dass die Redaktion das vermutlich nur ganz kurz lustig finden würde.

(Ich habe in den letzten Wochen gut zwei Monate Überstunden erarbeitet. Meine eigentlich recht kleine 30%-Stelle als politischer Leiter des Musikverbandes SONART ist plötzlich zu einer permanent gefragten Funktion geworden, seit wir Musikschaffenden per Veranstaltungsstopp arbeitslos geworden sind. Zusammen mit den Behörden beissen wir uns die Zähne aus an den Umsetzungen von verdankenswerterweise eilig zusammengestellten Hilfs-Massnahmen, für die es nirgends Präzedenzfälle gibt. Es geben sich alle Mühe, und es haben alle Mühe. Ich verbringe die Tage in Zoom-Konferenzen, wie so viele, die noch arbeiten können. Ich will nicht klagen. So verbesserungswürdig unsere Auffangnetze teilweise auch sein mögen, sie existieren und man wird uns nicht verhungern lassen. Manchmal bin ich dankbar, dass ich in dieser seltsamen Zeit überhaupt eine sinnvolle Arbeit machen kann. Manchmal bin ich eifersüchtig auf Kolleginnen und Kollegen, die jetzt zwar in die gleiche berufliche Ungewissheit starren wie ich, aber die immerhin Zeit haben, diese musizierend zu verbringen. Manchmal bin ich auch einfach dankbar, dass mir neben meiner Arbeit an den ganz konkreten Problemen der Kulturbranche, keine Zeit bleibt an der verwirrenden Sammlung von angeblichen Fakten zu verzweifeln. Und wenn ich spüre, wie sich meine Verantwortung in einem Bereich auf mich auswirkt, bin ich auch dankbar, dass wir Menschen haben, die bereit sind, die grossen Verantwortungen in grossen Bereichen zu übernehmen. Was auch immer sie gerade alles falsch und richtig machen, man muss da erst mal hinstehen und das aushalten. Hand aufs Herz: Es schimpft sich leicht, in Zeiten wie diesen, oder? Wer von den Schimpfenden wäre bereit für solche Entscheidungen persönlich und öffentlich Verantwortung zu übernehmen? Mich jedenfalls belastet öfters schon nur die Verantwortung, im Mailprogramm für eine Medienmitteilung den Sendeknopf zu drücken: Und wenn das ein politisches Eigentor wird? Und wenn wir doch an etwas nicht gedacht haben? Es sind unberechenbare Zeiten.
Item.)

Ich schulde ja noch eine Geschichte:

Da kommt der Dinosaurier um die Ecke, mit weit aufgerissenem Maul und hungrig auf das kleine Mädchen zu.
Das Mädchen sagt: Halt, du Dino!
Der Dino, der sich gewohnt ist, dass man ihn fürchtet, bleibt verdutzt stehen. Halt?
Sie: Ja, halt!
Er: Ich bin grösser als du und habe Hunger, was hast du mir zu sagen?
Sie: Manchmal ist etwas ganz kleines grösser als du.
Der Dino legt den Kopf schief. Was passiert da gerade?
Sie: Und manchmal kann auch etwas ganz Kleines alles durcheinander bringen.
Der Dino ist tatsächlich etwas durcheinander.
Sie: Und Halt sagen ist wichtig! Zuerst mal nachdenken!
Der Dino denkt tatsächlich darüber nach. Nach einer Weile sagt er. Ja, wenn man Zeit hat zum Nachdenken.
Da ist das Mädchen schon davonspaziert.

Zurück in unserem Zimmer.
Ich: Isch das e gueti Gschicht?
Sie: Nei, nid eso. I chume nid nache.
Ich: Henu. Zyt für i ds Bett.